Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts stärkt Arbeitnehmer/innenrechte und ihre Religionsfreiheit

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Das Bundearbeitsgericht (BAG) entschied am 25.10.2018, dass das Evangelische Werk für Diakonie und Entwicklung für eine 2012 ausgeschriebene befristete Referent/innenstelle keine Kirchenmitgliedschaft verlangen durfte. Gegenstand der Tätigkeit sollte schwerpunktmäßig die Erarbeitung eines Antirassismusberichtes sein. Geklagt hatte eine Sozialpädagogin, die nach Überzeugung der Richter wegen ihres Mangels an christlicher Konfession nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Das BAG gewährte ihr Schadensersatz nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wegen Benachteiligung aufgrund der Religion. Die Bürgerrechtsvereinigung Humanistische Union begrüßte das Urteil.

Dr. Kirsten Wiese vom Bundesvorstand der Humanistischen Union e.V.: „Das Bundesarbeitsgericht limitiert endlich das Sonderarbeitsrecht der Kirchen. Die von den Kirchen vertretene Position, sie allein könnten darüber entscheiden, ob und von welchen Mitarbeiter/innen sie eine konfessionelle Bindung einfordern, findet in der Verfassung nämlich keine Grundlage."

Das BAG setzte die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), der im April dieses Jahres auf die Vorlage des BAG hin zu den unionsrechtsrelevanten Aspekten des Falls entschieden hatte (EuGH Urteil vom 17. April 2018, C-414/16). Der Gerichtshof hatte geurteilt, dass Kirchen trotz ihres Selbstbestimmungsrechts keine pauschalen Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zustehen. Kirchliche Arbeitgeber können die Konfessionszugehörigkeit einer Arbeitnehmerin / eines Arbeitnehmers nur noch verlangen, wenn diese eine berufliche Anforderung ist. Ob das der Fall ist, müssen die Gerichte in vollem Umfang überprüfen können. Ein bestimmter Glaube könne zum Beispiel eine berufliche Anforderung sein, wenn ein "Beitrag zum Verkündigungsauftrag" geleistet werde oder wenn "bei der Bestimmung des Ethos" der Einrichtung mitgewirkt werde.

Die Humanistische Union setzt sich seit Jahrzehnten für die Abschaffung des kirchlichen Sonderarbeitsrechts in Deutschland ein. Die zweifellos gebotene religiöse Bindung von Leitungspositionen und Stellen im verkündungsnahen Bereich könne - wie bei allen anderen Tendenzbetrieben (etwa Parteien und Nichtregierungsorganisationen) - durch das allgemeine für alle geltende Arbeitsrecht gewährleistet werden, so Wiese und weist dabei auf den Wortlaut von Art. 137 Absatz 3 der Weimarer Reichsverfassung hin, der im Grundgesetz übernommen wurde. Danach gilt: "Jede Religionsgemeinschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.“ Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz müsse auch deshalb in kirchlichen Arbeitsverhältnissen im vollen Umfang gelten, weil der Staat die Kosten fast aller kirchlichen Einrichtungen trage, ergänzt Wiese.

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