I. Die humanistischen Grundsätze

Das Selbstverständnis unserer Mitglieder beruht auf den Grundsätzen der Aufklärung und des weltlichen Humanismus. Danach haben alle Menschen das Recht und auch die Verantwortung, ihr individuelles Leben selbst zu bestimmen.

Wir fördern den konstruktiven und friedlichen Austausch von Ideen, kritisieren jeden Dogmatismus und vertreten keine absoluten Wahrheiten.

Ethik und Wissenschaft

Humanistinnen und Humanisten gehen davon aus, dass weder in der Natur noch in der Ferne des Kosmos eine „göttliche“ Kraft das menschliche Sein bestimmt.

Die Wissenschaften sind für den Humanismus ein unverzichtbares Hilfsmittel. Sie beruhen auf menschlichen Erfahrungen, auf der Überprüfbarkeit ihrer Aussagen und auf der kritischen Beurteilung ihrer praktischen Konsequenzen. Wissenschaft wird nicht wertfrei und ohne Eigeninteresse benutzt. Daher müssen die Forschung und die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse an ethische Kriterien geknüpft werden.

Menschen sind Teil der Natur und der ökologischen Entwicklung. Nach humanistischer Auffassung müssen die Menschen Verantwortung für die Erhaltung der Arten und für die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen übernehmen, die z.B. durch die Bevölkerungsexplosion bedroht sind.

Eigenverantwortung

Die Menschen haben die Freiheit, zwischen verschiedenen Lebensauffassungen zu wählen. Humanismus setzt die Fähigkeit zu selbst bestimmter ethischer Entscheidung voraus. Selbstbestimmung bedeutet die Entfaltung persönlicher Freiheit in sozialer Verantwortung. Zur Selbstbestimmung gehört ebenso das Bewusstsein der Grenzen menschlicher Erkenntnis.

Selbstverantwortung und Solidarität der Menschen untereinander machen die Verwirklichung der Menschenrechte zu einem Schwerpunkt humanistischer Praxis.

Toleranz

Humanistinnen und Humanisten tragen dazu bei, die Vielfalt der menschlichen Lebensformen als Bereicherung zu erfahren.

Deshalb wenden sie sich gegen jede Diskriminierung auf Grund von ethnischer Abstammung, Geschlechtszugehörigkeit, nationaler oder sozialer Herkunft sowie auf Grund religiös weltanschaulicher Bindungen oder homosexueller Orientierung. Diese Vielfalt und die Toleranz ist Ausdruck von Freiheit in einer Gesellschaft.

Frieden

Krieg, Produktion von Massenvernichtungsmitteln und Waffenhandel sind Ausdruck inhumaner und irrationaler Verhaltensweisen.

Dauerhafter Frieden, Solidarität und Gerechtigkeit sind dagegen zentrale Ziele des Humanismus. Eine ideologisch-religiöse Hilfestellung für Armeen, etwa durch Militärseelsorge, steht im Widerspruch zu humanistischen Ideen.

Gleichberechtigung

Die humanistische Lebensauffassung begründet die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Emanzipation von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen.

Recht auf Selbstbestimmung

Humanistinnen und Humanisten setzen sich bewusst mit dem Sinn des individuellen Lebens auseinander und fordern einen menschenwürdigen Umgang mit Alter, Krankheit und Behinderung. Eine Verklärung von menschlichem Leid als sinnstiftend lehnen sie ab.

Sterben und Tod sind Teilaspekte des Lebens, die weder zu verdrängen noch zu idealisieren sind. Wir treten ein für das Selbstbestimmungsrecht des Individuums auch in der letzten Lebensphase, das das Recht auf den eigenen Tod einschließt.

Menschenrechte

Die Bereitschaft zur Verständigung ist die Grundlage, das Miteinander auf der Erde zu garantieren.

Humanistische Lebensauffassung ist gekennzeichnet von Toleranz gegenüber allen Menschen, anderen Denk- und Lebensauffassungen und zu Religionen. Toleranz trifft ihrerseits auf Grenzen, wenn Menschenrechte verletzt bzw. wenn Positionen der Intoleranz vertreten werden.

Humanistische Vereinigungen arbeiten international an der Verwirklichung der Menschenrechte. Ihre Vorstellung eines Zusammenlebens auf unserem Planeten liegt in menschenwürdigen Lebensverhältnissen, demokratischen Freiheiten und in der uneingeschränkten Selbstbestimmung für alle Menschen.


II. Trennung von Staat und Kirche

In den Menschenrechten ist die Gleichberechtigung aller Religionen und Weltanschauungen verankert. Auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet den Staat - trotz des Hinweises auf die „Verantwortung vor Gott“ in der Präambel - zu religiös-weltanschaulicher Neutralität. Es schließt theoretisch die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse aus.

Die gesellschaftliche Wirklichkeit sieht anders aus. Durch die Übernahme von Ausnahmeklauseln aus vordemokratischen Zeiten in die Verfassung und Sondervereinbarungen mit dem Staat haben sich die Kirchen in Deutschland Privilegien gesichert, die weltweit einmalig sind.

Der Bund für Geistesfreiheit tritt für eine echte Trennung von Staat und Kirche ein, dazu gehören:

1. Die Abschaffung von kirchlichen Privilegien

Abschaffung des Sonderstatus „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ und damit Abschaffung der Steuerfreiheit.

Das allgemeine Arbeits- und Sozialrecht muss auch für kirchliche Trägergelten und damit die Einhaltung der Grundrechte für alle Beteiligten gewährleistet sein.

Das Darstellungsrecht der Kirchen in den öffentlichen Medien ist dem anderer gesellschaftlicher Gruppen gleichzustellen.

Abschaffung der automatischen Mitgliedschaft zu einer Religionsgemeinschaft wird abgeschafft und durch eine persönliche Beitrittserklärung nach Erreichen der Religionsmündigkeit (Vollendung des 14. Lebensjahrs) ersetzt. Der Austritt erfolgt durch einfache schriftliche Erklärung gegenüber der betroffenen Organisation.

2. Die Abschaffung der staatlichen Finanzierung

von kirchlichen Angelegenheiten(wie z.B. Theologenausbildung, Einzug der Kirchensteuer)

Der Kirchensteuereinzug wird vom Staat durchgeführt.

Der Steuereinzug darf nicht auf Kosten aller Staatsbürger (gleich welcher Konfessionszugehörigkeit) stattfinden.

Die Priester- und Theologenausbildung wird vom Staat finanziert. Dies ist nicht Sache des Staates, daher sind die theologischen Fakultäten der Universitäten in kircheneigene und kirchlich finanzierte Ausbildungsstätten umzuwandeln.

Die Militärseelsorge, die Seelsorge in Grenzschutz, Polizei und Justizvollzug wird staatlich finanziert. Dies ist jedoch eine Angelegenheit der jeweiligen Religionsgemeinschaft, die auch die Finanzierung zu übernehmen hat.

3. Die Abschaffung der staatlichen Zahlungen auf Basis überholter Vertragsgrundlagen

Aufgrund der noch gültigen Konkordate und Staatskirchenverträge (z.B. das Hitler-Konkordat von 1933) fließen jährlich viele Millionen Euro in die Kirchenkassen. Diese längst überholten Verträge sind zu kündigen, ihre Inhalte sind - soweit erforderlich - per Gesetz oder Übergangsvereinbarung zu regeln.

Alle Staatsleistungen an die Kirchen (z.B. aufgrund der Säkularisierung in früheren Jahrhunderten) sind einzustellen. Durch die bisherigen Zahlungen des Staates ist die von der Verfassung vorgesehene Ablösung bereits geleistet.

4. Die Abschaffung des kirchlichen Einflusses auf staatliche Hoheitsgebiete

Konfessionsbezogener Religionsunterricht ist an den staatlichen Schulen abzuschaffen und statt dessen das Unterrichtsfach Ethik einzuführen.

Sakrale Symbole in staatlichen Einrichtungen wie religiöse Kulthandlungen bei staatlichen Veranstaltungen sind abzuschaffen.

Aktuell ist mehr als ein Drittel der Bevölkerung in Deutschland konfessionslos, weite Teile der Kirchenmitglieder sind nur (noch) aus „Tradition“ in den Kirchen Mitglied, und nach Umfragen glaubt nur noch die Hälfte an ein „höheres Wesen“. Angesichts der fortschreitenden Säkularisierung kann nicht mehr von Volkskirchen gesprochen werden, die die Mehrheit der Bürger repräsentieren. Umso nötiger ist ein aktiver Verband, der die Interessen des wachsenden Anteiles an Konfessionslosen vertritt.


Grundsätze beschlossen auf der Mitgliederversammlung des bfg München am 27.02.1993